Demokratie: Von den Bundesräten, nicht aber -rät:innen

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Wer – in repräsentativen Demokratien – von anderen vertreten wird, sollte zumindest die Art der Vertretung kennen. Und wer nur alle paar Jahre ein Kreuz setzen kann, muss erst recht über Gerechtigkeits- oder Ungerechtigkeitsabwägungen, die dieser Vertretung zugrunde liegen, Bescheid wissen. Keine Ungerechtigkeit der Welt jedenfalls hindert Menschen daran, über ihre Situation nachzudenken.

 

Wie immer: So einfach ist die Sache nicht

 

Noch im Sommer plädierte ich am «Tag der Demokratie» des Leipziger Netzwerks für Demokratie zum 75. Jubiläum des deutschen Grundgesetzes für das ‹Senatsprinzip›, wie es die damals anwesende Professorin nannte. In der Kleinen Parlamentskammer in föderal-repräsentativen Demokratien, so meine Annahme, sollten die föderalen Entitäten – in den USA die Bundesstaaten, in der Schweiz die Kantone, in Deutschland die Bundesländer – paritätisch vertreten sein.

 

Das Grundgesetz legt die Rahmenbedingungen der demokratischen Entscheidungsfindung fest. Selten allerdings werden institutionelle Gegebenheiten wie die Zusammensetzung des Bundesrats so kontrovers diskutiert wie etwa die Einschränkung von Grundfreiheiten während der Corona-Pandemie. (© Arwin Urban)

 

Im Fall der Schweiz sowie im Fall der USA bedeutet dies: zwei Vertreter:innen pro Kanton bzw. Bundesstaat. Dieses Prinzip zur Besetzung der Kleinen Parlamentskammer in den USA und der Schweiz steht im Gegensatz zum deutschen Prinzip, das auch nach Bevölkerungsgrösse gewichtet, sodass nicht alle Bundesländer dieselbe Anzahl Vertreter:innen im Bundesrat haben. Dass es Möglichkeiten zur Besetzung der Kleinen Kammer jenseits des ‹Senatsprinzips› gibt, befremdete mich und erschien mir als Ungerechtigkeit.

 

Zunächst: Verblüffende Minderheitspolitik

 

Eine Sache war die darauffolgende Erkenntnis, dass eine schier unergründliche Vielfalt an Besetzungsprinzipien und -mechanismen für die Kleine Parlamentskammer in den unterschiedlichen föderalen Demokratien herrscht. Eine andere, dass dasselbe Prinzip – wie etwa die paritätische Vertretung in der Schweiz und den USA – scheinbar unterschiedliche Wirkungen zu erzielen vermag.

Überzeugt von der paritätischen Vertretung staunte ich nicht schlecht, als ich Steven Levitsky, Professor für Politikwissenschaft an der Harvard University, in der Dokumentation «USA: Demokratie unter Beschuss» über das Wahljahr 2016 und seine Folgen sagen hörte: «Ein von einer Minderheit gewählter Präsident und ein von einer Minderheit gewählter republikanischer Senat ernennen und bestimmen drei Richter des Supreme Court.» Braucht noch gesagt zu sein, dass die Richter:innen am Obersten Gerichtshof der USA auf Lebenszeit gewählt werden? Auf lange Zeit hinaus wird der Oberste Gerichtshof in den USA nun mit einem Verhältnis von sechs zu drei republikanisch sein.

 

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika ist eine ausgesprochen mächtige Institution, da seine Richter:innen auf Lebenszeit gewählt werden. (© Mark Thomas)

 

Das nun löste Befremden in umgekehrter Richtung aus, spricht doch aus Levitskys Aussage (und dem ganzen Film) Kritik an der paritätischen Vertretung. Offensichtlich zeichnete eine Minderheit in den USA für die Wahl des Präsidenten, Donald Trump, und die republikanische Mehrheit im Senat verantwortlich. Beide zusammen nominierten und bestätigten dann drei Richter:innen am Supreme Court. Entsprechend besteht in den USA die Situation, dass von 2016 bis 2020 alle drei Ebenen der repräsentativen Demokratie – Legislative, Exekutive und Judikative – von einer Minderheit dominiert waren. Die Vereinigten Staaten von Amerika scheinen trotz Demokratie eine konservative Schlagseite zu haben, wie der Auto Elie Mystal im selben Film erklärt: «Langsam verstehen wir, dass der Senat genau so funktioniert, wie die Verfassungsväter es beabsichtigt haben. Als Institution ist er darauf ausgelegt, Stillstand zu erzeugen nicht Fortschritt.»

 

Erst einmal: Fragen über Fragen

 

Warum jedoch besteht diese Schlagseite? Selbstredend ist nicht nur Levitskys Aussage vor dem Hintergrund gängiger Annahmen über die föderal-repräsentative Demokratie verwirrlich, sondern auch die Zahl der Gremien und ihre oft unterschiedlichen Bezeichnungen in verschiedenen Ländern stiften Verwirrung. Und warum brauchen – föderale – Demokratien überhaupt zwei Parlamentskammern für eine angemessene Repräsentation? Angesichts solcher Fragen ist es sicher nötig, die Grundlagen zu prüfen.

 

Zuerst vielleicht: Pedanterie um Worte

 

Zunächst eine unbedeutende Pedanterie: Ist das erwähnte Senatsprinzip auch keine pragmatische Wortschöpfung besagter Professorin, so scheint die Bezeichnung dennoch vor allem in Deutschland Verwendung zu finden. Die grundlegende Unterscheidung zwischen einem Senats- und einem Bundesratsprinzip ergibt auch nur in Deutschland Sinn, da ‹Bundesrat› in Deutschland die Kleine Parlamentskammer bezeichnet. In Österreich allerdings wird derselbe Bundesrat mittels einer anderen – wenn auch ebenfalls nach Bevölkerungsgrösse der Bundesländer gewichtenden – Prozedur zusammengesetzt, sodass zumindest nicht von einem einheitlichen Bundesratsprinzip die Rede sein kann.

 

Das Parlamentsgebäude in Österreich, wo neben der Grossen Kammer auch der Bundesrat tagt. (© Neugiernase)

 

Von einem Senatsprinzip zu sprechen, stellt überdies – und das zeigt bereits die obige Bezeichnungseigentümlichkeit – insofern eine Herausforderung dar, als ein Senat ganz unterschiedliche Körper und Funktionen haben kann. Gremien auf allen Ebenen demokratischer Machtausübung – Legislative, Exekutive, Judikative – können Senat heissen. In Deutschland etwa heissen die Regierungen der drei Stadtstaaten – Bremen, Hamburg und Berlin – Senat. Während in allen anderen Bundesländern wie auf Bundesebene Minister:innen amtieren, liegt die Exekutive Macht in den genannten drei Stadtstaaten in der Hand von Senator:innen.

Angesichts der Tatsache jedoch, dass dieselbe Bezeichnung sehr unterschiedliche Gremien meinen kann, ist solche Pedanterie vielleicht gar nicht so unsinnig. Im deutschen Sprachraum jedenfalls bezeichnet das Wort ‹Bundesrat› selbst zwei unterschiedliche Gremien. Ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland die Kleine Parlamentskammer gemeint, bezeichnet ‹Bundesrat› in der Schweiz nicht nur ein anderes Gremium, sondern auch eine andere Ebene politischer Macht. Im Schweizerischen Bundesrat sind die sieben Minister:innen der Exekutive des Bundes zusammengefasst.

 

Jetzt aber: Antworten auf die Frage nach dem Grund eines Zweikammersystems

 

Der Name der Kleinen Kammer etwa in Grossbritannien verrät ihre aristokratische Herkunft. Im Geburtsland der konstitutionellen Monarchie, einer frühen Form demokratisch kontrollierter Regierung in Europa, versammeln sich im Oberhaus oder eben dem ‹House of Lords› noch heute die Adligen. Diesem steht das Unterhaus oder ‹House of Commons› der einfachen Leute entgegen. In den föderal-repräsentativen Demokratien dient das ehemalige Oberhaus jedoch nicht mehr der Repräsentation einer bestimmten Schicht innerhalb einer hierarchischen Ständegesellschaft, sondern dem Ausgleich von organisationalen Widersprüchen im politischen Gebilde eines Bundesstaats selbst.

 

Der Ursprung des modernen Zweikammersystems liegt in England. Das House of Lords mit seiner oppulenten Ausstattung verrät noch heute die aristokratische Herkunf. (© UK Parliament)

 

Ein Zusammenschluss von politischen Entitäten unter dem Dach eines Bundesstaats, wie das in den USA, der Schweiz und auch Deutschland der Fall ist, erscheint nur dann als attraktiv, wenn die ursprünglichen Entitäten ein ausreichendes Mass an Autonomie behalten können. Leitend ist dabei die Hoffnung, so wenige Entscheidungskompetenzen wie möglich an die übergeordnete Ebene des Bundes abzutreten und dennoch so viel wie möglich von der Auslagerung oder Verteilung von Aufgaben zu profitieren. Das naheliegendste Beispiel dafür ist wahrscheinlich die militärische Sicherheit. Auch ökonomisch ergibt ein Zusammenschluss wegen der Erleichterung des Binnenhandels Sinn.

Grundsätzlich steigt die Wahrscheinlichkeit, von Synergie-Effekten profitieren zu können, je enger die einzelnen Entitäten kooperieren. Gleichzeitig nehmen dadurch die Abhängigkeiten zu und die Autonomie der ursprünglichen Entitäten sinkt. Unter diesen Voraussetzungen ist ein kompliziertes System von Ausgleich und Repräsentation nötig, das die Bundesregierung gegen die Regierungen der einzelnen Bundesländer, -staaten oder Kantone abwägt. Selbstverständlich wurden für dieses Problem unterschiedliche Lösungen gefunden. Nicht selten braucht es darüber hinaus – wie jüngst in den USA mit der Abtreibungsgesetzgebung – dramatische Gerichtsentscheide, um die Kompetenzen von Bund und Bundesstaaten bzw. -ländern festlegen.

 

Doch noch einmal: Pedanterie um Worte

 

Die erwähnten Ober- und Unterhäuser, die sich in vielen europäischen Demokratien finden, gehen auf die mittelalterliche Ständegesellschaft zurück. Die zunehmende Erosion des Absolutistischen Staats in der Neuzeit führte einerseits zu einer demokratischen Kontrolle der Monarchien, was durchaus im Sinn des Adels sein konnte. Andererseits fürchtete der Adel durch das aufstrebende Bürgertum an Einfluss zu verlieren. Entsprechend versuchte der Adel, sich eine standesgemässe Repräsentation in einer eigenen Parlamentskammer – etwa dem erwähnten ‹House of Lords› – zu sichern.

Eine Abbildung aus einem französischen Schulbuch des 13. Jahrhunderts zeigt die drei mittelalterlichen Stände: Klerus, Adel, Bauernstand.

Gehen die Kleinen Parlamentskammern also auf die traditionelle Ständegesellschaft (Klerus, Adel, Bauern) im Mittelalter zurück, sind diese Stände nicht zu verwechseln mit den Ständen in der Schweiz. Zwar gehen die Stände in der Schweiz auch auf das Mittelalter zurück, allerdings waren damit die einzelnen politischen Entitäten der Eidgenossenschaft – die heutigen Kantone – gemeint. Diese Herkunft drückt der Ständerat in seiner Bezeichnung, die sich auch im Ständemehr (Mehrheit der Kantone) bei Volksabstimmungen findet, aus.

Mögen die Worte auch relevant sein, so ist mit ihnen noch nichts über die Ausgestaltung dieser Kleinen Parlamentskammern gesagt. Ein nüchterner Blick in das Grundgesetzt in Deutschland bzw. die Verfassungen in der Schweiz und den USA ist unumgänglich, um die Ausgestaltung dieser Kleinen Kammern, die Gründe für diese Ausgestaltung und die Wirkungen zu verstehen.

 

Der Bundesrat in Deutschland

 

Unter Artikel 51 regelt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland die Zusammensetzung des Bundesrats. In den drei Bestimmungen dieses Artikels ist neben der Gewichtung der Bundesländer nach Bevölkerungsgrösse festgehalten, dass der Bundesrat aus Mitgliedern der amtierenden Länderregierungen besteht und einheitlich abstimmt. Dieser letzte Umstand macht den Bundesrat in Deutschland zu einem Gebilde jenseits des üblichen Zweikammersystems der repräsentativen Parlamente in Europa. Weder ist er vom Volk gewählt, noch entbrennen in ihm hitzige Debatten, da die Mitglieder weisungsgebunden sind und die Meinungsfindung entsprechend ausserhalb des Bundesrats stattfindet.

 

Das Bundesratsgebäude, in dem der deutsche Bundesrat tagt. (© Diego Delso)

 

Die Autonomie der Bundesländer versucht das Grundgesetzt dadurch zu erhalten, dass sie den Regierungen der Länder eine grosse Selbständigkeit einräumt. Die Ausgestaltung des Bundesrats, so der Politologe Klaus von Beyme in der 11. Auflage seiner Einführung in «Das politische System der Bundesrepublik Deutschland» (2010), geht zurück auf ein Tauziehen zwischen SPD und CDU im Parlamentarischen Rat, der zwischen September 1948 und Mai 1949 das Grundgesetz ausarbeitete. Hätte die SPD mit Blick auf ihre Stärke in kleinen Bundesländern gerne das ‹Senatsprinzip› umgesetzt, pochte die wähler:innenstärkere CDU auf eine proportionale Lösung. Die «gemäßigte Bundesratslösung» stellt einen Kompromiss in gewisser Kontinuität mit Vorläufern im Kaiserreich sowie im Deutschen Bund dar, wonach die Bundesländer je nach Bevölkerungsgrösse zwischen drei und sechs Repräsentant:innen haben.

Anzumerken ist, dass Deutschland keine starke föderale Tradition vergleichbar mit den Vereinigten Staaten oder der Schweiz hat. Beyme weist etwa darauf hin, dass die Weimarer Republik eher ein «dezentralisierter Einheitsstaat» als ein «Bundesstaat» gewesen sei. Die deutschen Staatswesen vor der BRD waren geprägt von einem mehr oder weniger starken Zentralismus, was sich etwa in der Person des Kaisers zeigte. Gerade im preussisch geprägten Kaiserreich drohte das Gewicht Preussens (65% des Reichsgebiets, 62% der Bevölkerung) die übrigen Länder zu erdrücken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum lag den Alliierten genauso wie den Regionen daran, den totalitaristischen Zentralstaat des Dritten Reichs zu schwächen. Allerdings erfolgten mit der Föderalisierung – Ausnahmen stellen die Hansestädte Bremen und Hamburg sowie Bayern dar – willkürliche Grenzziehungen durch die Alliierten.

 

Der Ständerat in der Schweiz

 

Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft führt unter Artikel 148 zunächst die «Bundesversammlung» an, die sich in zwei einander gleichgestellte Parlamentskammern, den Nationalrat und den Ständerat, teilt. Als wichtigsten gemeinsamen Akt wählt die vereinigte Bundesversammlung die Landesregierung. Unter Artikel 150 ist die Zusammensetzung geregelt, wonach zwanzig Kantone jeweils zwei Vertreter:innen und sechs Kantone jeweils ein:e Vertreter:in in den Ständerat entsenden. Diese letzten sechs gelten als Halbkantone und gehen auf traditionelle Kantonsteilungen – bisweilen noch im Mittelalter – zurück.

 

Das Bundeshaus in Bern beherbergt die Schweizer Parlamentskammern. (© Yves Kaiavu)

 

Die Wurzeln dieser Besetzung des Ständerats finden sich, wie die Freiburger Politologin Gisela Riescher im Buch «Zweite Kammern» (2010) erläutert, einerseits im amerikanischen Vorbild und andererseits in der politischen Tradition der Eidgenossenschaft. Bereits seit dem Mittelalter trafen sich – männliche – Vertreter der einzelnen politischen Entitäten der Schweizerischen Eidgenossenschaft einmal jährlich in gleichmässiger Repräsentation zur sogenannten Tagsatzung. Diese kümmerte sich um die aussenpolitischen Belange des Staatenbunds und den Umgang mit Untertanengebieten. Die Vertreter an der Tagsatzung wurden damals jedoch kaum vom Volk gewählt und agierten weisungsgebunden.

Nach dem Sonderbundskrieg von 1847 diente das ‹Senatsprinzip› der Stärkung der konservativen Sonderbundskantone innerhalb des neu gegründeten Bundesstaats von 1848. Die Sonderbundskantone hatten sich gegen zentralistische Bestrebungen gewehrt und auf die traditionelle Souveränität der Kantone gepocht. Lag das Wahlverfahren für die Ständerät:innen gemäss Riescher ursprünglich in der Hoheit der Kantone, hat es sich mittlerweile vereinheitlicht. Mit Ausnahme des Kantons Jura kommt überall eine Mehrheitswahl zur Anwendung. Seit 1977 lassen auch alle Kantone die Ständerät:innen vom Volk wählen.

 

Der Senat in den USA

 

Auch die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika – Constitution of the United States –  sieht ein Parlament, den Congress vor, der sich in zwei Kammern, das Repräsentant:innenhaus und den Senat, teilt. Diese stehen sich gleichwertig gegenüber, sodass bei jedem Gesetz auch die Zustimmung des Senats nötig ist. Jeder Bundesstaat wird von zwei Senator:innen im Senat vertreten.

Die Autonomiebestrebungen der Staaten im Süden der USA, die zur Zeit der Verabschiedung der Verfassung noch Sklaven hielten, drückt sich in der paritätischen Vertretung im Senat aus. Die Wahlbevölkerung dieser Agrarstaaten war aufgrund der grossen Sklavenbevölkerung viel kleiner als die Wahlbevölkerung in den industriellen Staaten des Nordens. Schliesslich erhielten bei der Gründung der Vereinigten Staaten nur steuerzahlende, weisse Männer das Wahlrecht. Damit jedoch die Ungleichheit der Bevölkerung mit Blick auf das Repräsentant:innenhaus nicht allzu gross ausfallen würde, zählten unfreie Menschen (v.a. Sklav:innen) zu drei Fünfteln zur Bevölkerung der jeweiligen Staaten dazu.

 

Im Capitol, gleich neben dem Supreme Court, treffen sich die Parlamentskammern der Vereinigten Staaten von Amerika. (© Phillip Roulin)

 

Eigentümlich ist das Wahlverfahren für die Präsident:innen, das – im Gegensatz zu allen anderen Präsidialdemokratien weltweit, die einst ein solches Verfahren hatten – bis heute gilt. Die Präsident:innen der Vereinigten Staaten, das höchste Exekutivamt, werden von einem Wahlgremium gewählt. Jeder Bundesstaat hat Elektor:innenstimmen in der Höhe der Zahl seiner Abgeordneten. Allerdings dürfen die Elektor:innen und die Abgeordneten nicht identisch sein. Die Elektor:innen treten also nur für die Präsident:innenwhal zusammen.

 

Und jetzt?

 

Warum die amerikanische Präsidialdemokratie aufgrund des Präsident:innenwahlverfahrens und der Repräsentation im Senat eine konservative Schlagseite hat, dürfte deutlich geworden sein. Tatsächlich sind die meisten Demokratien auf dieser Welt auf die eine oder andere Weise von einer solchen Schlagseite geprägt. Demokratische Institutionen – wie eben der Senat in den Vereinigten Staaten – agieren jedoch nicht für sich allein. Sie sind eingebettet in ein ganzes System und entfalten daher unterschiedliche Wirkungen, sodass die paritätische Vertretung der föderalen Entitäten in einem Fall mehr, in einem anderen weniger hemmend wirkt.

Diesen Auswirkungen – oder Problemen – jedoch wird ein eigenständiger Text nachgehen müssen. Sicher ist, dass in der Schweiz und den USA etwa die Ausweitung des Wahlrechts auf neue Bevölkerungsgruppen eine Herausforderung darstellt. Allerdings vermag der Ständerat dennoch nicht dieselbe Vetomacht zu entfalten wie der Senat in den USA. In Deutschland wiederum deutet sich eine Spannung zwischen Volk (Legislative) und Regierung (Exekutive) an, die wahrscheinlich besonders in den Wahlresultaten der neuen Bundesländer zum Ausdruck kommt.

 

 

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